Die Formaldehydnutzung zur Desinfektion von Hühner-Bruteiern ist bereits ab 1908 beschrieben. Das soll Krankheitskeime auf der Eischale abtöten und somit das Schlupfergebnis verbessern und die Kükengesundheit erhöhen.
Keime von Salmonellen aber auch Marek und anderen Krankheiten können als Staub, Kot, Schmierblut oder Einstreupartikel auf der Eischale haften.
Formaldehyd bzw. Methanal ist ein sehr wirksames Desinfektionsmittel. Seit gut 30 Jahren ist aber auch bekannt, dass es gesundheitsschädlich ist. Die WHO hat es als krebserregend eingestuft.
Verschiedene Studie behandeln die Wirksamkeit von Formaldehyd. Melo et al. 2019 haben z.B. Über 10.000 Bruteier mit Formaldehyde sowie weiteren Desinfektionsalternativen behandelt. Das Ergebnis davon bespreche ich im verlinkten Video.
Melo et al. 2019: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0032579119301403
Bislang (Stand Anfang 2021) habe ich noch nie meine Bruteier desinfiziert vor dem Einlegen in die Brutmaschine. Meine Hühner hatten aber auch noch nie die Mareksche Krankheit und ich sehe auch keine Anzeichen von einer Salmonellen-Infektion bei meinen Rassehühner.
Mein Zuchtfreund Heinz ist in unserem Verein derjenige der zwei große high-end Brutmaschinen (Hema & Heka) besitzt und anderen Vereinsmitglieder anbietet für sie Eier mit aus zu brüten. Er hatte vor vielen Jahren schon mal die gefürchtete Marek-Krankheit bei seinen Zuchthühnern und bekommt also immer auch Eier von anderen Personen zum Ausbrüten – die sich diese zum Teil auch noch haben zuschicken lassen.
Für ihn und die Mitbrüter macht es also durchaus viel Sinn, die Bruteier vor dem Einlegen zu desinfizieren. Ein einziges mit Salmonellen belastetes Brutei im Brutschrank könnte nämlich während der Brut die anderen Eier infizieren und die Schlupfrate erheblich reduzieren! Auch wäre dann die weiße Kükenruhr eine schlimme Folge.
Die Wirksamkeit von Formaldehyd ist stark abhängig von der Konzentration, der Temperatur und natürlich der Einwirkdauer. Im optimalen Fall können mit Formaldehyd etwa 99,8% der Mikroorganismen auf der Eischalenoberfläche abgetötet werden. Bei falscher Anwendung z.B. während der Brut oder während des Schlupfes kann die Begasung mit Formaldehyd die Embryonen schädigen und sogar denen Tot verursachen.
Letztes Jahr am 1.3.20 durfte ich Heinz beim Bruteier-Tauchen besuchen. Wie er dies macht könnt ihr im Video sehen.
Formaldehyd / Methanal
Physikalisch: Farblos, stechend riechend, bei Raumtemperatur gasförmig. Extrem entzündbares Gas. Bildet mit Luft explosive Gemische. Aber: Es ist gut in Wasser löslich und bildet somit ein wirksames Desinfektionsmittel. In Wasser gelöst wird es Formalin bzw. Aldehyd hydrat genannt.
Akut kann es Atemwege und Augen reizen, Kopfschmerzen und Schwindel auslösen. Bei hohen Konzentrationen besteht Lebensgefahr.
Latent bei wiederholter Exposition (z.B. als Desinfektionsarbeiter in einer großen Brüterei) kann es krebserregend wirken, mindert die Konzentration und beeinträchtigt den Schlaf.
Von der WHO wurde es krebserregend eingestuft.
Daher sollte man besser weniger gesundheitsschädliche Desinfektionsmittel zur Bruteivorbehandung ausweichen. Bitte seht dazu meinen nächsten Post/Video!
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Formaldehyd kommt auch natürlich vor als Stoffwechselzwischenprodukt in uns Säugetieren. Auch in Äpfeln, Weintrauben und Holz kommt es natürlich vor. Und es entsteht bei unvollständigen Verbrennungen.
Laut DeStatis dem Statistischen Bundesamt wurden in Deutschland in 2018 von 10 Unternehmen insgesamt beinahe 750.000 Tonnen Methanal / Formaldehyd produziert. Es dient in der chemischen Industrie als wichtiger organischer Grundstoff für weitere Verbindungen.
Es wird seit über 100 Jahren hergestellt und in unzähligen Produkten verwendet und weiterverarbeitet: Farben, Klebstoffe, Bindemittel, Harze, Konservierungsmittel, Textilien, Kosmetika, Fungizide, Sprengstoffe, Medizin, Selbstbräuner.